Andreas-Hofer-Bund Tirol (AHBT)

Der Andreas-Hofer-Bund (für) Tirol wurde am 29. August 1919 im Innsbrucker Landhaus, Zimmer 63, im Rahmen einer erweiterten Vorstandssitzung des Bundes Heimat gegründet. An diesem Gründungsakt waren Dr. Reut-Nicolussi, welcher die Sitzung eröffnete, Prof. Brandl, Prof. Wopfner, G.R. Zingerle, Prof. Heidegger, Dr. Frank. Dr. Galler, Hptm. Hibler, Dr. Dörrer, Dr. Pembaur, Stadtbaumeister Illmer, Plawen und Hofrat Prof. Hörmann beteiligt. Die Gründung unseres Bundes war eine Antwort demokratisch gesinnter Tiroler Patrioten auf die Teilung Tirols in Folge des von Italien verursachten Aggressionskrieges gegen unsere Tiroler Heimat und unser Vaterland Österreich. Unter Missachtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker wurde Tirol mehrfach geteilt, und es wurden nicht nur das mehrheitlich italo-romanischsprachige und seit Jahrhunderten mit Österreich verbundene heutige Trentino, sondern auch das fast rein deutsche Gebiet des heutigen „Südtirol“ von Italien besetzt und annektiert.

Auf der ersten Vollversammlung am 27. September 1919 in Innsbruck wurde Dr. Heinrich von Schullern als erster Obmann und Dr. Michael Hechenblaikner als sein Stellvertreter bestellt; bereits am 26. Oktober veranstaltete der neue Bund seine erste Werbeveranstaltung, an der rund 2.000 Personen teilnahmen. Als Redner traten Dr. Walter Pembaur (1), Bruder Willram (2), Abg. Josef Dillersberger (3) und Univ.-Prof. Dr. Walter Hörmann (4) auf. Mit der Namensgebung wurde nach außen hin hervorgehoben, worum es dem Bund ging: wieder war Tirol in Gefahr, wieder war es von einer ausländischen Macht besetzt, und wieder musste, gleich dem Geschehen von 1809, ein Kampf geführt werden, allerdings diesmal ein Kampf mit anderen Vorzeichen, mit anderen Mitteln. Die Absicht des Bundes war damals wie heute die Wiederherstellung der Einheit Tirols – zumindest von Kufstein bis Salurn!

In der Zwischenkriegszeit unterstützte der Bund auf vielfältige Art und Weise seine Südtiroler Landsleute, die unter den Faschisten Mussolinis zu leiden hatten. Nach einer ersten Verdrängungswelle Tausender deutschsprachiger Südtiroler ab November 1918, setzte ab 1921/22 ein massiver Assimilationsdruck gegenüber der autochthonen deutschen und ladinischen Bevölkerung durch das faschistische Italien ein. Neben Enteignungen, Berufsverboten, Einschränkung der deutschen Kultur und Sprache (Katakombenschulen) wurde seitens Roms gezielt eine Italianisierung unserer südlichen Heimat durchgeführt, die – trotz Autonomie – in subtiler und neuer Form bis heute fortbesteht. Der Erhalt der Tiroler Identität sowie die Unterstützung im sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich standen auch damals im Vordergrund.

Nach dem Staatsstreich vom 4. März 1933 („Ausschaltung des Parlaments“) durch die Austrofaschisten wandte sich Wien verstärkt dem italienischen Faschismus zu. Das Eintreten für (Süd-)Tirol wurde zusehends von Wien und seinen lokalen Helfershelfern erschwert. Dennoch konnte der AHBT seinen größten politischen Erfolg im Jahre 1937 verbuchen, als es ihm gelang, führende Kreise in Österreich (Politiker, Landeshauptleute, Parteien, Vereine etc.) gegen das italienischen Enteignungsgesetz, das die Südtiroler Bauern bedrohte, zu mobilisieren. Mit massiver Unterstützung im Rücken konnte die Regierung Schuschnigg von Mussolini eine Rücknahme dieser Maßnahme erreichen.

Um die „Partnerschaft“ mit Italien, welches damals von Österreich als eine Art „Schutzmacht“ vor Hitler gesehen wurde, nicht zu gefährden, kam es seitens der Wiener Regierung immer wieder zu schweren Schikanen und verschiedenen Repressalien (u. a. Zensur und Verbot öffentlicher Kundgebungen) gegenüber dem AHBT. Nach der Machtergreifung Hitlers (30.01.1933) in Deutschland kam es auch in Österreich immer öfter zu Auseinandersetzungen mit den hierzulande ebenfalls erstarkten Nazis. Die pro-italienische Haltung Hitlers ließ keinen Platz für Südtirol. Hitler hatte bereits kurz nach der Machtergreifung Mussolinis (30.10.1922) in Italien Südtirol aufgegeben und verraten. In seiner Münchner Rede vom 14. November 1922 erklärte Hitler: „Mit Italien, das seine nationale Wiedergeburt erlebt und eine große Zukunft hat, muss Deutschland zusammengehen. Dazu ist nötig ein klarer und bündiger Verzicht auf die Deutschen in Südtirol. Das Geschwätz über Südtirol, die leeren Proteste gegen die Faschisten schaden uns nur, da sie uns diese entfremden. In der Politik gibt es keine Sentiments, sondern nur Kaltblütigkeit.“

Verfolgung und Auflösung des AHBT durch Faschisten und Nazis & Wiedergründung

Tirol wurde in der Zwischenkriegszeit sozusagen sowohl von Austrofaschisten als auch von den Nationalsozialisten das erste Mal aus politischem, wirtschaftlich-militärischem Opportunismus heraus geopfert. Mit dem Anschluss Österreichs (12.03.1938) an das von den Nationalsozialisten beherrschte Deutsche Reich begann im österreichischen Teil Tirols eine weitere Weile der Verfolgung und Gewalt gegen unseren Bund. Schlussendlich wurde der AHBT von den Nationalsozialisten 1938 zwangsaufgelöst, verboten und sein Vermögen eingezogen. Zahlreiche Mitglieder unseres Bundes waren harten Repressalien durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Das von den beiden faschistischen Diktatoren, Mussolini und Hitler, am 23.06.1939 in Berlin vereinbarte Umsiedlungsabkommen (sogenannte Große Option, 1939-1943 – eine Art geplante ethnische Säuberung), führte nicht nur unter der Südtiroler Bevölkerung, sondern auch innerhalb des Bundes zu Differenzen; letztendlich forderte der AHBT die Südtiroler Bevölkerung auf, der angestammten Heimat die Treue zu halten und diese nicht zu verlassen. Aus dem AHBT in Südtirol ging nach dem 2. Weltkrieg die Südtiroler Volkspartei (SVP) hervor. In Österreich formierten sich viele vormalige AHBT-Mitglieder über den Bergisel-Bund, der in den 1950er und 1960er Jahren von großer Bedeutung für die Anliegen (Süd-)Tirols sein sollte. Erst am 22.06.1993 wurde der AHBT – auch formalrechtlich im Sinne des österreichischen Vereinsgesetzes – wiedergegründet. Ing. Josef Felder aus Absam, der spätere Obmann, war maßgeblich an der Ausarbeitung der Statuten und der Wiedererrichtung beteiligt. Als Rechtsnachfolger des 1919 gegründeten Bundes konnten wir im August 2019, im Geburtsort von Prof. Dr. Eduard Reut-Nicolussi, in Lusern, unser 100-jähriges Gründungfest feiern.

Zweck/Zielsetzung

Der Bund bezweckt einerseits das „Gedenken an Andreas Hofer zu pflegen, der sich in seinem Leben und Welt für das ganze Tirol eingesetzt hat“. In unserer Satzung ist zudem festgehalten: „Mit demokratischen Mitteln soll mit Ausdauer und Konsequenz für die Einheit und Freiheit Tirols gearbeitet werden. Hierbei sollen die Menschenrechte unter besonderer Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts für Südtirol die Grundlage bilden. Für Faschismus und Nazismus als den größten Feinden Tirols ist kein Platz im AHBT.“

Seit 2019 ist auch das Trentino (historisch gesehen das eigentliche Südtirol), die heutige Provinz Trient/Trento (Welschtirol) mit Paolo Primon im Vorstand des Andreas-Hofer-Bundes Tirol vertreten. Von den rund 22.000 in Südtirol und Österreich gesammelten Unterschriften wurden allein durch den AHBT und die Alt Tyroler Schützen – Andreas Hofer (ATS) allein über 7.500 gesammelt. Im Frühjahr 2018 wurden zudem dem Außenministerium in Wien knapp 3.000 Unterschriften von (italienischsprachigen) Trentinern (Schützenkompanie Major Giuseppe de Betta) übergeben, welche ebenfalls die österreichische Doppelstaatsbürgerschaft begehren.

Obleute des AHBT:

  • 1919 Heinrich von Schullern (Gründungsobmann)
  • 1921 Ferdinand Kogler
  • 1925 Walter Pembaur
  • 1925 Emil Klebelsberger
  • 1925 Hand Lederer
  • 1918 Walter Pembaur
  • 1931 Alois Dollinger
  • 1934 Franz Kolb
  • 1935 Eduard Reut-Nicolussi (musste auf Durch der austrofaschistischen Regierung und auf Wunsch Italiens zurücktreten)
  • 1937 Oskar von Hohenbruck
  • 1938 Auflösung und Verbot durch die Nationalsozialisten (Anschluss Österreichs), hernach bis 1993 Tätigkeit im informellen Bereich.
  • Formalrechtliche/vereinstechnische Neugründung:
  • 1993 Josef Felder
  • 2012 Winfried Matuella
  • 2019 Alois Wechselberger

Anmerkungen zu einigen Gründungsmitgliedern von 1919:

  1. Dr. Walter Pembaur, 1886-1948, war der jüngste Sohn des Komponisten Josef Pembaur d. Ä. Er promovierte 1914 an der Universität Innsbruck zum Doktor beider Rechte, war Rechtsanwalt und kämpfte als Freiwilliger in Russland, Tirol und am Isonzo. Er wurde mehrfach ausgezeichnet (Signum Laudis, zwei Tapferkeitsmedaillen und Kaiser-Karl-Truppenkreuz). Zeitweise fungierte er als Tiroler Landtagsabgeordneter und Innsbrucker Vizebürgermeister sowie als Obmann des Tiroler Sängerbundes und als Schriftleiter für die Zeitschrift „Alpenland“
  2. Bruder Willram war das Pseudonym für den mehrfach ausgezeichneten Tiroler Schriftsteller und Priester (1870-1039). Müller gründete nach dem 1. Weltkrieg den Bruder-Willram-Bund in Innsbruck, der sich vor allem für mittellose Jugendliche einsetzte.
  3. KR. Josef Dillersberger (1866 – 1936), Großvater des früheren Kufsteiner Bürgermeisters Dr. Siegfried Dillersberger, war von 1919 bis 1929 Abgeordneter zum Tiroler Landtag. Er war Vizebürgermeister von Kufstein, begeisterter Großdeutscher und von Beruf Kaufmann und Hotelier
  4. Walther Hörmann von Hörbach, 1865-1946, Sohn des Schriftstellers Ludwig Hörmann von Hörbach und der Dichterin Angelika von Hörmann, war ein österreichischer Kirchenrechtler mit dem Forschungsschwerpunkt Eherecht.